
Wir haben auf unsere schriftliche Anfrage folgende Antworten erhalten.
Frage 1:
Was planen Sie, um weiterhin digitale und analoge Beratungsangebote wie z.B. die telefon- und videobasierte §219 StGB-Beratung dauerhaft zu gewährleisten? Was werden Sie gegen Gehsteigbelästigungen vor Beratungsstellen tun?
Antwort:
Für uns Grüne ist die reproduktive Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung Voraussetzung für Geschlechtergerechtigkeit. Dazu gehört der rechtlich verankerte Anspruch auf Information und Beratung sowie auf Vermittlung von Hilfen. Hierfür wollen wir die Strukturen der Schwangerenberatung erhalten und bedarfsgerecht ausbauen. Die Bundesregierung will, dass Schwangerschaftskonfliktberatung künftig auch online möglich ist. Das begrüßen wir ausdrücklich. Sogenannte Gehsteigbelästigung erschwert eine ergebnisoffene Schwangerschaftskonfliktberatung und macht eine vertrauliche bzw. anonyme Beratung quasi unmöglich. Wir fordern eine Landesregelung, welche die Sicherstellung eines sicheren Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen in Bayern regeln soll und das Behindern von Schwangerschaftsabbrüchen samt Verbreitung von bewussten Falschinformationen verbietet.
Frage 2:
Was wollen Sie unternehmen, um die Schwangerschaftsberatungsstellen bei der Umsetzung ihres gesetzlichen Auftrags finanziell zu unterstützen? Setzen Sie sich für eine 100 % Förderung der Schwangerschaftsberatungsstellen ein und wenn ja, wie?
Antwort:
Bayern hat einen Versorgungsauftrag für Beratungsstellen und Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen. Die Staatsregierung muss ein ausreichendes Angebot von ambulanten und stationären Praxen und Kliniken sowie ein Angebot an Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen sicherstellen. Für einen gesicherten Zugang zu Informationen über den Schwangerschaftsabbruch sowie für die Qualitätssicherung der Beratungsstellen setzen wir uns für eine dauerhaft gesicherte Finanzierung der Beratungsinfrastruktur ein. Ziel muss es sein, dass ein regional dichtes Beratungsnetz bestehen bleibt und staatlich so finanziert wird, dass alle Beratungsangebote kostenfrei in Anspruch genommen werden können. Im Rahmen der Haushaltsdebatte im Jahr 2022 hat unsere grüne Landtagsfraktion einen Antrag für eine Erhöhung der finanziellen Mittel zur Förderung von Schwangerenberatungsstellen in Bayern eingebracht, der von den Regierungsfraktionen CSU/FW abgelehnt wurde (siehe Landtags-Drucksache 18/20860).
Frage 3:
Wie wollen Sie ein besseres (flächendeckendes) Angebot und die Verstetigung der Beratung für LSBTIQA+, insbesondere für Trans*- und Inter-Menschen gewährleisten? Was werden Sie tun, um die Gleichstellung und Beratung von Regenbogen-Familien zu verbessern?
Antwort:
Aktuell findet eine angemessene und ausreichende Beratung nur in den Großstädten statt. Diese meist rein kommunal geförderten Stellen können aber nicht die Beratung für alle LSBTIQ*-Personen in ganz Bayern leisten. Uns ist deshalb die Entlastung der städtischen Einrichtungen durch ein flächendeckendes Angebot wichtig. Wir fordern Schwerpunktberatungsstellen in allen sieben Regierungsbezirken. Diese sollen mit entsprechenden personellen und finanziellen Kapazitäten u. a. persönliche Beratung vor Ort anbieten. Zusätzlich ist eine auch anonyme Online-Beratung wesentlich. Insbesondere nicht geoutete Jugendliche ohne Reisemöglichkeit profitieren davon. Die aktuell von der Staatsregierung zur Verfügung gestellten Mittel reichen dafür bei weitem nicht aus. Wir werden die Mittel deshalb massiv aufstocken und verstetigen. Bei trans* und inter* Personen ist insbesondere das breite Angebot einer psychotherapeutischen Beratung notwendig. Es kann Leben retten. Die Suizidrate unter queeren Menschen ist überdurchschnittlich hoch, unter trans* Personen 6-fach über dem Schnitt – das darf so nicht bleiben. Aktuell warten trans* Personen in Bayern bis zu 16 Monate auf einen fachlichen Erstberatungstermin, da das Thema LSBTIQ* kein verpflichtender Bestandteil der psychotherapeutischen Ausbildung ist. Hier wollen wir gemeinsam mit der KVB Lösungen erarbeiten, um ein breites Angebot zu schaffen, auch unter Berücksichtigung telemedizinischer Möglichkeiten. In fachlich und finanziell gut aufgestellten LSBTIQ*-Schwerpunkt-Beratungsstellen sind auch Regenbogenfamilien gut aufgehoben, die Beratungsbedarf haben. Für alle Bereiche gibt es weiterhin auch Fachberatungsstellen, auf die verwiesen werden kann. Dazu bauen wir das neu geschaffene “Queere Netzwerk Bayern” aus, um alle Beratungsstellen in fachlich optimalen Austausch zu bringen und bei Fachfragen schnell untereinander an die geeignetste Stelle vermitteln zu können. Die Gleichstellung von Regenbogenfamilien ist einerseits eine rechtliche, andererseits eine gesellschaftliche Aufgabe. Um das Ziel zu erreichen, muss insbesondere der Freistaat mit gutem Beispiel voran gehen und sich in allen Belangen gleichermaßen offen für heteronormative, "klassische" Familienmodelle, als auch für Regenbogenfamilien zeigen. Alle Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von queeren Menschen im Handlungsbereich der (gesundheitlichen) Beratung werden wir in einem Aktionsplan für Bayern fixieren, regelmäßig evaluieren und nachjustieren – gemeinsam mit den Fachstellen aus der Community.
Frage 4:
Wie stellen Sie sicher, dass sexuelle Aufklärung und Bildung bedarfsgerecht und für alle Schulformen zur Verfügung stehen? Werden Sie eine bedarfsgerechte Finanzierung externer, professioneller Angebote sexueller Bildung in die Wege leiten, insbesondere im schulischen Kontext?
Antwort:
Wir fordern eine Positivliste von externen Partner*innen, mit denen an weiterführenden Schulen zum Thema Familien- und Sexualerziehung zusammengearbeitet werden kann. Diese Liste soll jährlich aktualisiert werden und bei der Auswahl der Anbieter*innen ist auf uneingeschränkte Akzeptanz gegenüber LSBTIQ* Personen zu achten. Wir wollen, dass durch eigenverantwortliche Schulbudgets außerschulische Bildungsangebote an Schulen dauerhaft eingebunden werden können. Zudem wollen wir verpflichtende Schutzkonzepte an allen Schulen, um Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Sie vermindern das Risiko, dass sexualisierte Gewalt in der Schule verübt wird, und tragen dazu bei, dass betroffene Kinder und Jugendliche von Lehr- und Fachkräften erkannt werden und Zugang zu Hilfe erhalten.
Frage 5:
Was planen Sie, um den wohnortnahen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch bayernweit zu verbessern? Werden Sie sich für die Aufnahme von Lehrinhalten zum Schwangerschaftsabbruch in der gynäkologischen Ausbildung einsetzen? Und wenn ja, wie? Wie ist Ihre Haltung zu §218 StGB?
Antwort:
Im Falle einer so schweren Entscheidung muss jede Frau bestmöglich unterstützt werden. Entscheidet sich eine Frau für einen Schwangerschaftsabbruch, muss sie die Möglichkeit haben, diesen wohnortnah durchführen zu lassen. Wir wollen eine Bedarfsplanung und statistische Erfassung der ambulanten und stationären Lage. Außerdem wollen wir einen Schlüssel, der ein ausreichendes Angebot ambulanter und stationärer Einrichtungen zur Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen festlegt. Damit wird der hohe Stellenwert der reproduktiven Gesundheit festgehalten und der Sicherstellungsauftrag für das Flächenland Bayern konkretisiert. Es müssen ausreichend Ärzt*innen Abbrüche anbieten und sicher durchführen können. Wir wollen den Schwangerschaftsabbruch in der medizinischen Ausbildung und fachärztlichen Fort- und Weiterbildung verankern. Auf Bundesebene wollen wir auf ein Ende der pauschalen Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und eine Abschaffung des § 218 StGB hinwirken - ergänzt um die Einführung einer neuen Regelung außerhalb des Strafgesetzbuches
Frage 6:
Sehen Sie den Bedarf für eine bayernweite Lösung in Bezug auf die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln? Was werden Sie tun, um zumindest für Menschen mit wenig Einkommen einen kostenfreien Zugang zu allen Verhütungsmitteln zu garantieren?
Antwort:
Ja. Für uns GRÜNE darf Verhütung keine Geldfrage sein! Deshalb fordern wir seit Jahren Zugang zu kostenloser Verhütung für Menschen mit geringem Einkommen. Bereits im Jahr 2015 hat unsere Fraktion einen entsprechenden Antrag im Bayerischen Landtag eingebracht (siehe LT-Drs. 16/16593, "Kostenfreiheit bei Verhütungsmitteln für Sozialleistungsempfängerinnen", von der CSU abgelehnt). Zudem wollen wir kostenlosen Zugang für junge Menschen. Wir setzen uns auch auf Bundesebene für einen selbstbestimmten Zugang zu qualitativ hochwertigen und individuell passenden Verhütungsmitteln für alle ein, unabhängig von Einkommen und Wohnort
Frage 7:
Welche Maßnahmen planen Sie, das wohnortnahe Angebot von Geburtseinrichtungen aufrechtzuerhalten bzw. dieses Angebot wieder zu reaktivieren?
Antwort:
Für uns GRÜNE ist die Sicherung der wohnortnahen Versorgung mit Hebammen sowie der Erhalt der Wahlfreiheit bei der Geburt essenziell. Wir setzen uns in Bayern seit Jahren für eine Reform der Krankenhausplanung ein. Um der Geburtshilfe insgesamt kurzfristig zu helfen, hat die Bundesregierung bereits Geld für flächendeckende Versorgung mit Geburtshilfe-Standorten bereitgestellt. Ab dem Jahr 2025 werden zudem die Personalkosten von Hebammen vollständig im Pflegebudget berücksichtigt. Durch die geplante Krankenhausreform der Bundesregierung wird eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige Geburtshilfe sichergestellt. Dann gilt es dafür zu sorgen, dass der Freistaat Bayern die neuen Vorgaben vom Bund im Sinne einer besseren Qualität und bedarfsgerechten Patientenversorgung richtig umsetzt. Schwangere müssen darauf vertrauen können, dass sie vor, während und nach der Geburt gut versorgt werden.
Frage 8:
Wie werden Sie für eine flächendeckende Versorgung mit Hebammen sorgen? Gibt es konkrete Planungen/ Überlegungen, wie sie die Rückkehr von Hebammen in ihren Beruf ggf. durch Unterstützungsangebote fördern wollen?
Antwort:
Der Schlüssel liegt in der deutlichen Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Hebammen. In Bayern fordern wir seit Jahren hebammengeleitete Kreißsäle in jeder Geburtsklinik, eine eins-zu eins-Betreuung während der wesentlichen Phasen der Geburt, und ein erweitertes bayerisches Förderprogramm für Hebammen in Höhe von 6 Millionen pro Jahr. Damit könnten Hebammen Zuschüsse zur Gründung von Hebammenpraxen und Geburtshäusern bekommen und Wohnmöglichkeiten in den Ballungsräumen während des Studiums würden gefördert. Auch sollen damit Stipendien zur Unterstützung des Hebammen-Nachwuchses während des Studiums bzw. Promotion finanziert werden. Für mehr freiberufliche Hebammen in der Wochenbettbetreuung in unterversorgten Regionen soll ein Sicherstellungszuschlag sorgen; Rückkehrerinnen wollen wir durch Anreize-Programme gewinnen und die Vereinbarkeit von Familie und Hebammenberuf (zum Beispiel durch besondere Betreuungszeiten von Kindern von Hebammen) fördern, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
pro familia Bayern ist parteilos, aber nicht unpolitisch.
Wir engagieren uns für die Rechte und Bedürfnisse von Menschen, Familien und sexuellen Minderheiten. Indem Sie wählen, können Sie diese Werte stärken und Ihre Zukunft mitgestalten.
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