
Wir haben auf unsere schriftliche Anfrage folgende Antworten erhalten.
Frage 1:
Was planen Sie, um weiterhin digitale und analoge Beratungsangebote wie z.B. die telefon- und videobasierte §219 StGB-Beratung dauerhaft zu gewährleisten? Was werden Sie gegen Gehsteigbelästigungen vor Beratungsstellen tun?
Antwort:
Die Erfüllung des Sicherstellungsauftrages kann durch eine telefonische und videobasierte Beratung wirkungsvoll unterstützt werden. Ländliche Regionen können dadurch besser versorgt und Anonymität besser gewahrt werden. Bei Unsicherheiten der Schwangeren ist ein niedrigschwelliger Zugang hilfreich. Wir leben in einer digitalisierten Welt. Im Juli dieses Jahres wurde bereits ein Referentenentwurf für die Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens vorgelegt. Sollte das äquivalent für die Schwangerschaftsabbruchberatung nicht erfolgen, ist das als Diskriminierung zu werten. Vor Beratungsstellen müssen Schutzzonen errichtet werden, sodass die Frauen und andere Ratsuchende ihr Recht auf Beratung wahrnehmen können. Die Versammlungsfreiheit der Schwangerschaftsabbruchgegner*innen greift massiv in die Rechte der Schwangeren ein, die sich in einer besonders sensiblen Lebenssituation befinden. Deshalb ist es wichtig, dass die telefonische und videobasierte Beratung als Wahlmöglichkeit zur Verfügung steht. Aus unterschiedlichen Gründen können und wollen Schwangere sich nicht vor Ort beraten lassen. Außerdem ermöglicht es einen niedrigschwelligen Zugang und ist zugleich eine Schutzmöglichkeit vor Bedrängung durch Abbruchgegner*innen.
Frage 2:
Was wollen Sie unternehmen, um die Schwangerschaftsberatungsstellen bei der Umsetzung ihres gesetzlichen Auftrags finanziell zu unterstützen? Setzen Sie sich für eine 100 % Förderung der Schwangerschaftsberatungsstellen ein und wenn ja, wie?
Antwort:
Die Schwangerschaftsberatungsstellen erfüllen einen gesetzlichen Auftrag. Schwangere sind verpflichtet diese Beratung in Anspruch zu nehmen. Selbstverständlich ist das Land dann auch für die volle Finanzierung der Beratung verantwortlich. Wenn die wohnortnahe und flächendeckende Beratung erhalten bleiben bzw. wieder hergestellt werden soll, dann müssen ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Die Beratungsstellen müssen zu 100 % gefördert werden. Wenn der Staat dazu nicht bereit ist, muss er selbst für ein Beratungsangebot sorgen.
Frage 3:
Wie wollen Sie ein besseres (flächendeckendes) Angebot und die Verstetigung der Beratung für LSBTIQA+, insbesondere für Trans*- und Inter-Menschen gewährleisten? Was werden Sie tun, um die Gleichstellung und Beratung von Regenbogen-Familien zu verbessern?
Antwort:
Für Kinder und Jugendliche ist die Schule ein zentraler Lebensraum, daher ist verpflichtend ein unabhängiges, also externes Beratungsangebot an jeder Schule herzustellen. Beratungsangebote muss es in jeder Kommune, also wohnortnah geben. Darüber hinaus kann videobasierte bzw. telefonbasierte Beratung Lücken schließen. Um Gleichstellung von Regenbogenfamilien herzustellen, ist es wichtig gleiche Rechte zu für alle zu schaffen, unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung, zumal diese für Erziehung /Elternschaft und Familie sein keine Rolle spielen. An diese Realität müssen Gesetze angepasst werden, und zwar zu 100 %, nicht nur ein bisschen. Beispielsweise ist dafür das Adoptionsverfahren für lesbische Paare abzuschaffen. Kinder haben ein Recht auf zwei Elternteile, unabhängig von biologischer Abstammung. Bei heterosexuellen Paaren ist das bereits vorgesehen
Frage 4:
Wie stellen Sie sicher, dass sexuelle Aufklärung und Bildung bedarfsgerecht und für alle Schulformen zur Verfügung stehen? Werden Sie eine bedarfsgerechte Finanzierung externer, professioneller Angebote sexueller Bildung in die Wege leiten, insbesondere im schulischen Kontext?
Antwort:
Die Bereitstellung externer und professioneller sexueller Bildungsangebote ist ein wichtiger Baustein der Aufklärung von Kindern und Jugendlichen und muss daher verpflichtend in den Lehrplan aller Schulformen aufgenommen werden. Wie bereits erwähnt, sind Schulen ein zentraler Lebensort von Kindern und Jugendlichen, daher ist es sinnvoll externe Beratungsangebote dort zu installieren. Das sichert einen niedrigschwelligen Zugang. Denkbar wäre auch ein rotierendes System aus unterschiedlichen Beratungsmöglichkeiten, wie z. B. Sucht-, Geschlechts-, Sexualitäts- und Schwangerschaftsberatung.
Frage 5:
Was planen Sie, um den wohnortnahen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch bayernweit zu verbessern? Werden Sie sich für die Aufnahme von Lehrinhalten zum Schwangerschaftsabbruch in der gynäkologischen Ausbildung einsetzen? Und wenn ja, wie? Wie ist Ihre Haltung zu §218 StGB?
Antwort:
Ja, wir werden uns dafür einsetzen die Lehrinhalte in die gynäkologische Ausbildung aufzunehmen, da sie selbstverständlich dazugehören. Medizinische Inhalte aus Überzeugungsgründen nicht zu lehren wäre ein Widerspruch zur Verpflichtung objektiver Lehre an Universitäten. Ein Schwangerschaftsabbruch hat grundsätzlich straffrei zu sein. Es bedarf einer Umkehrung des Verfahrens: Nur unter genau und eng gefassten Voraussetzungen darf es bei Schwangerschaftsabbruch zur Strafverfolgung kommen.
Frage 6:
Sehen Sie den Bedarf für eine bayernweite Lösung in Bezug auf die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln? Was werden Sie tun, um zumindest für Menschen mit wenig Einkommen einen kostenfreien Zugang zu allen Verhütungsmitteln zu garantieren?
Antwort:
Selbstbestimmtes Verhüten ist ein inklusives Menschenrecht und darf keinesfalls an Kosten scheitern. Verhütungsmittel sollten generell kostenlos sein, zumindest für Menschen mit geringem Einkommen. Sollte keine bundesweite Lösung für die Kostenübernahme gefunden und unternommen werden, dann kann Bayern hier gerne mit gutem Beispiel vorangehen. Die Verhütung muss geschlechtergerecht sein. Frauen arbeiten oft in sog. Frauenberufen oder in Teilzeit, da sie zusätzlich noch unbezahlte Carearbeit leisten. Sie haben deshalb oft ein geringeres Einkommen und können sich die Verhütung unter Umständen gar nicht leisten, obwohl gerade ihnen die alleinige Verantwortung zur Verhütung zukommt. Deshalb ist die Kostenübernahme durch den Staat auch eine Maßnahme zur Geschlechtergerechtigkeit.
Frage 7:
Welche Maßnahmen planen Sie, das wohnortnahe Angebot von Geburtseinrichtungen aufrechtzuerhalten bzw. dieses Angebot wieder zu reaktivieren?
Antwort:
Dazu haben wir bereits eine Petition gestartet. Bayern kommt seinen Verpflichtungen zur finanziellen Investition in bayerische Krankenhäuser und Kliniken nicht nach. Im Rahmen der Krankenhausplanung sind die Länder verpflichtet eine wohnortnahe und bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Das ist jetzt schon teilweise nicht mehr gewährleistet. In Oberbayern haben drei Kreißsäle innerhalb von ein paar Jahren geschlossen. Bald sollen weitere Kreißsäle dazukommen. Die Anfahrt für Gebärende ist dadurch mitunter erheblich länger geworden, sodass Geburten unnötig Risiken ausgesetzt werden. Die verbliebenen Kreißsäle können den Andrang mitunter nicht mehr bewältigen und müssen Gebärende abweisen. Das ist ein unerträglicher Zustand. Daher werden wir einfordern, dass Bayern seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommt und eine tatsächlich bedarfsgerechte Krankenhausplanung gestaltet. Privatisierungen bringen nicht die erhoffte Lösung und müssen umgehend gestoppt werden. Um dem Bedarf gerecht zu werden, müssen Krankenhäuser, die zumindest Grundversorgung gewährleisten, rekommunalisiert werden. Wird im Rahmen einer transparenten Krankenhausplanung festgestellt, dass Geburtskliniken fehlen, dann muss der Wiederaufbau von staatlicher Seite finanziert werden.
Frage 8:
Wie werden Sie für eine flächendeckende Versorgung mit Hebammen sorgen? Gibt es konkrete Planungen/ Überlegungen, wie sie die Rückkehr von Hebammen in ihren Beruf ggf. durch Unterstützungsangebote fördern wollen?
Antwort:
Hebammengeleitete Geburtskliniken lösen mehrere Probleme gleichzeitig. Sie sorgen für eine wohnortnahe Versorgung und durch eine enge Zusammenarbeit werden Geburten, die eine ärztliche Versorgung benötigen, beispielsweise an Level II Krankenhäuser überwiesen. Kleinere chirurgische Eingriffe (z.b. Dammriss) können durch lokale Ärzt*innen vorgenommen werden. Sie sorgen für Ressourcenschonung durch gezielte Versorgung und sie sorgen für eine engere Patientinnenversorgung und dadurch höhere Berufszufriedenheit. Geburten werden durch die Kassen bedarfsgerecht finanziert. Der Aufwand wird 1:1 refinanziert. Pauschalen setzen auch hier falsche Anreize. Der Hebammenberuf ist ein klassischer Frauenberuf und wird deswegen ungleich schlechter bezahlt als vergleichbare bzw gleichwertige, vor allem durch Männer ausgeübte Berufe. Das muss sich dringend ändern. Flexible Arbeitszeitmodelle und schichtbezogene Betreuungszeiten sorgen für bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aber auch die Arbeitszeit muss angepasst werden. Ein physisch und psychisch hoch belastender Beruf braucht mehr Freizeitausgleich. Aber auch Eltern benötigen eine geringere Wochenarbeitszeit, unabhängig von zukünftig verbesserten Betreuungssituationen. Hebammen sollten auch kostenlos Verhütungsmittel ausgeben und auch medikamentöse Abbrüche begleiten können.
pro familia Bayern ist parteilos, aber nicht unpolitisch.
Wir engagieren uns für die Rechte und Bedürfnisse von Menschen, Familien und sexuellen Minderheiten. Indem Sie wählen, können Sie diese Werte stärken und Ihre Zukunft mitgestalten.
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