Wir haben auf unsere schriftliche Anfrage folgende Antworten erhalten.

Frage 1:
Was planen Sie, um weiterhin digitale und analoge Beratungsangebote wie z.B. die telefon- und videobasierte §219 StGB-Beratung dauerhaft zu gewährleisten? Was werden Sie gegen Gehsteigbelästigungen vor Beratungsstellen tun?

Antwort: 
Wir halten jedes Angebot, wenn es den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, auch telefon- und videobasiert, für sinnvoll, weil es möglicherweise hilfreich ist für Frauen, die aus zeitlichen und örtlichen Gründen nicht so einfach eine persönliche Vor-Ort-Beratung in Anspruch nehmen können. Grundsätzlich ist aber ein Vor-Ort-Gespräch sicher die beste Möglichkeit, um optimal auf die jeweilige Situation der Ratsuchenden eingehen zu können. Zu etwaigen „Gehsteigbelästigungen“ vor Beratungsstellen: Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind zentrale demokratische Errungenschaften und genießen den Schutz des Grundgesetzes. Sie ermöglichen u. a., Protest in Form von Demonstrationen kundzutun. Wir sehen darin kein Problem, solange diese friedlich und ohne Gefährdung der Sicherheit verlaufen.

Frage 2: 
Was wollen Sie unternehmen, um die Schwangerschaftsberatungsstellen bei der Umsetzung ihres gesetzlichen Auftrags finanziell zu unterstützen? Setzen Sie sich für eine 100 % Förderung der Schwangerschaftsberatungsstellen ein und wenn ja, wie?

Antwort: 
Anerkannte Beratungsstellen in Bayern werden derzeit mit 80 – 95 % der zuwendungsfähigen Personal- und Sachausgaben unterstützt (50 – 65 % durch den Freistaat Bayern, 30 % durch die Landkreise und kreisfreien Gemeinden). Weil uns eine Beratungslösung sehr wichtig ist und die Konfliktberatung eine gesetzliche Pflichtaufgabe darstellt, treten wir weiterhin für eine bestmögliche Unterstützung der Konfliktberatung ein: Neben den Beratungsstellen bei den Landratsämtern bzw. Gesundheitsverwaltungen soll die Schwangerschafts- und Schwangerschaftskonfliktberatung in freier Trägerschaft weiterhin umfassend gefördert werden. Viel zusätzlicher Beratungsbedarf wird allerdings auch u. a. durch die zugenommene Bürokratie für die Beantragung von Leistungen ausgelöst; diese ist aus Sicht der ÖDP abzubauen. Ob eine Anhebung der Fördermittel aufgrund überproportionaler Kostensteigerungen etwa im Personal- und Energiebereich möglich ist, bleibt zu prüfen.

Frage 3:
Wie wollen Sie ein besseres (flächendeckendes) Angebot und die Verstetigung der Beratung für LSBTIQA+, insbesondere für Trans*- und Inter-Menschen gewährleisten? Was werden Sie tun, um die Gleichstellung und Beratung von Regenbogen-Familien zu verbessern?

Antwort:
Es ist unzweifelhaft, dass auch LSBTIQA-Personen Beratungsbedarf haben, sei es, dass sie vor Herausforderungen stehen oder leider auch Diskriminierung und sogar Gewalt ausgesetzt sind. Deshalb finden wir es angebracht, dass das Bayerische Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales am Auf- und Ausbau eines regionalen und bayernweiten Netzwerks mit Unterstützungs- und Beratungsstrukturen arbeitet und deren Förderung vorsieht. Regenbogenfamilien sind vor allem und zuerst einmal Familien. Als solchen stehen ihnen alle Angebote der vielfältigen Beratungs- und Hilfsangebote für Familien im Freistaat zur Verfügung. Es ist aber wichtig und nötig, die speziellen Probleme und Bedürfnisse von Regenbogenfamilien in die Aus- und Fortbildung der beratenden Fachkräfte der kommunalen, staatlichen und freien Beratungsstellen aufzunehmen.

Frage 4:
Wie stellen Sie sicher, dass sexuelle Aufklärung und Bildung bedarfsgerecht und für alle Schulformen zur Verfügung stehen? Werden Sie eine bedarfsgerechte Finanzierung externer, professioneller Angebote sexueller Bildung in die Wege leiten, insbesondere im schulischen Kontext?

Antwort:
Auch im Bereich der Sexualpädagogik ergibt unsere Forderung nach möglichst individueller Förderung an Schulen durch ausreichend pädagogische Kräfte sowie eine Erziehungspartnerschaft zwischen Schule und Eltern Sinn. Die derzeitigen Richtlinien für die Sexualerziehung in Bayern halten wir für hilfreich und ausreichend – vor allem schätzen wir die Betonung dessen, dass „Ziel, Inhalt und Form“ immer mit den Erziehungsberechtigten besprochen werden müssen und sie rechtzeitig und ausreichend informiert sind und Einfluss auf Inhalte und Materialien haben. Wir treten dafür ein, dass Aufklärung an Schulen sich nicht nur auf biologische Vorgänge beschränken soll, sondern vor allem auch die Bedeutung von Erotik und Sexualität für das Gelingen partnerschaftlich-gleichberechtigter Beziehungen thematisieren muss. In welcher Form an einer Schule zusätzlich zur Lehrtätigkeit der Lehrkräfte externe Angebote sinnvoll sind, muss an der Schule entschieden werden. Für solche Angebote qualifizierter Träger sollte ein staatlicher Finanzierungspool beim Kultusministerium gebildet werden, damit auch Schulen ohne solvente Sponsoren (z.B. in sozialen Brennpunkten) diese Angebote nutzen können.

Frage 5:
Was planen Sie, um den wohnortnahen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch bayernweit zu verbessern? Werden Sie sich für die Aufnahme von Lehrinhalten zum Schwangerschaftsabbruch in der gynäkologischen Ausbildung einsetzen? Und wenn ja, wie? Wie ist Ihre Haltung zu §218 StGB?

Antwort:
Verständlicherweise ist es für Frauen, die sich für einen operativen Abbruch entscheiden, wünschenswert, diesen auch wohnortnah durchführen zu können. Allerdings wollen viele Ärztinnen, Ärzte und auch Krankenhäuser keine Abbrüche vornehmen. Sie können dazu auch aus Respekt vor ihren unterschiedlichen ethischen Positionen nicht verpflichtet werden. Ein Verweis auf andere bzw. alle Möglichkeiten des Abbruchs (z.B. medikamentös mit Online-Beratung) sollte in der Beratung immer erfolgen. Lehrinhalte zum Schwangerschaftsabbruch sollten in der gynäkologischen Ausbildung wahlweise angeboten werden. Unsere Haltung zu § 218 StGB: Ein wichtiges Ziel der ÖDP ist es, Leben vom Anfang bis zum Ende zu schützen. Wir sehen die Aufgabe des Staates darin, durch geeignete Beratungen und Förderangebote Frauen bzw. Eltern – v. a. in Konfliktsituationen – darin zu bestärken, das „Ja“ zum Kind zu ermöglichen und Abtreibungen möglichst zu verhindern. Deshalb halten wir die jetzige Gesetzeslage, die ein Kompromiss nach langen Verhandlungen und Auseinandersetzungen war, nach wie vor für richtig. Vor allem treten wir für die Entscheidungsfreiheit für Frauen bei grundsätzlicher Straffreiheit nach einer Beratung ein. Schwangeren soll in Konfliktsituationen umfangreiche und vor allem existenzsichernde soziale und finanzielle Hilfe garantiert werden. Die ÖDP fordert auch aus diesem Grund seit Langem die Bezahlung der familiären „Care-Arbeit“.

Frage 6:
Sehen Sie den Bedarf für eine bayernweite Lösung in Bezug auf die Kostenübernahme von Verhütungsmitteln? Was werden Sie tun, um zumindest für Menschen mit wenig Einkommen einen kostenfreien Zugang zu allen Verhütungsmitteln zu garantieren?

Antwort:
Für einen großen Personenkreis ist die Kostenübernahme gesichert durch Krankenkassen (bis zum 22. Lebensjahr) bzw. Kommunen und Landkreise bei Bedürftigkeit (Bezug von staatlichen Unterstützungsleistungen). Wir empfehlen kommunalen Mandatsträgern in Landkreisen und Kommunen, wo dies noch nicht der Fall ist, entsprechende Anträge zu stellen.

Frage 7:
Welche Maßnahmen planen Sie, das wohnortnahe Angebot von Geburtseinrichtungen aufrechtzuerhalten bzw. dieses Angebot wieder zu reaktivieren?

Antwort:
Die ÖDP setzt sich dafür ein, kommunal oder gemeinnützig geführte Kliniken dauerhaft zu erhalten und eine wohnortnahe Versorgung mit Krankenhäusern sicherzustellen. Bund und Land dürfen sich dabei nicht aus der finanziellen Mitverantwortung stehlen. Durch eine angemessene Honorierung aller im Gesundheitswesen tätigen Personen und Institutionen ist die Versorgung in der Fläche – auch mit Geburtskliniken – sicherzustellen. Nur mit genügend Fachkräften funktioniert ein Krankenhaus zufriedenstellend. An möglichst vielen Krankenhäusern sollen deshalb Gesundheitsakademien gegründet werden, um den Nachwuchs u. a. für Pflege und Geburtshilfe zu begeistern und zu sichern.

Frage 8:
Wie werden Sie für eine flächendeckende Versorgung mit Hebammen sorgen? Gibt es konkrete Planungen/ Überlegungen, wie sie die Rückkehr von Hebammen in ihren Beruf ggf. durch Unterstützungsangebote fördern wollen?

Antwort:
Gebärende haben ein Recht, sich Hebamme und Ort der Entbindung für eine kompetente Geburtshilfe und Nachbetreuung in Wohnortnähe selbst auszusuchen. Diese Wahlfreiheit wird durch die Schließung von Kreißsälen und Geburtskliniken sowie einem Mangel an außerklinischen Alternativen eingeschränkt. Unerlässlich für die Absicherung des Hebammensystems sind eine leistungsgerechte Bezahlung und ein Haftpflichtfonds, wie ihn der Deutsche Hebammenverband fordert. Eine natürliche Geburt darf nicht mit wirtschaftlichen Maßstäben gemessen werden.


pro familia Bayern ist parteilos, aber nicht unpolitisch.
Wir engagieren uns für die Rechte und Bedürfnisse von Menschen, Familien und sexuellen Minderheiten. Indem Sie wählen, können Sie diese Werte stärken und Ihre Zukunft mitgestalten.

#profamilia in #bayern #profamiliabayern #profamiliaposition #gehwaehlen #bayernwahl #deinestimmezählt #mischdichein #landtagswahl2023 #bayernwahl #wahlprüfsteine #informationen #meinung #wahlentscheidung #bayern2023 #politik