Vor einem Jahr, am 1. November 2024, trat das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) in Kraft. Seitdem ist es nicht mehr notwendig, Gutachten, ärztliche Bescheinigungen oder Gerichtsverfahren zu durchlaufen, um den Vornamen oder den Geschlechtseintrag zu ändern. Für Erwachsene reicht eine Erklärung der betroffenen Person beim Standesamt aus.
Zuvor mussten Menschen, die ihr Geschlecht ändern wollten, zwei psychiatrische Gutachten einholen und die Entscheidung eines Gerichts abwarten. Dies war mit hohen Kosten verbunden und setzte die Betroffenen oft intimen Fragen aus.
Das Selbstbestimmungsgesetz war ein lang ersehnter Schritt für viele: Über 22.000 Menschen haben im ersten Jahr von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Besonders im November 2024, dem ersten Monat nach Inkrafttreten des Gesetzes, nutzten viele die Gelegenheit: 7.057 Personen änderten ihren Eintrag. In den folgenden Monaten ging die Zahl der Änderungsanträge zwar zurück, blieb jedoch auf einem konstanten Niveau – von 2.936 im Dezember 2024 bis auf 1.244 im Juli 2025.
Ein Jahr nach Einführung des Selbstbestimmungsgesetzes gibt es noch Reformbedarf. So können beispielsweise Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, die in Deutschland eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung haben, das Gesetz nicht in Anspruch nehmen. Minderjährige sind weiterhin auf die Zustimmung ihrer Sorgeberechtigten angewiesen und müssen gegebenenfalls klagen. Auch für Personen, die einen gesetzlich bestellten Betreuer oder eine Betreuerin haben, ist eine unabhängige Änderung des Vornamens oder Geschlechtseintrags nicht möglich. In diesen Fällen müssen die Änderungen vom Betreuer oder der Betreuerin beantragt werden.
Darüber hinaus gibt es noch Hürden, die angepasst werden sollten: Anmelde- und Sperrfristen sowie Regelungen, die Misstrauen schüren könnten, sollten auf ihre Verhältnismäßigkeit überprüft und gegebenenfalls gestrichen oder überarbeitet werden.
Es bleibt ein langer Weg – aber das Gesetz zeigt, wie wichtig es ist, Menschen selbst über ihre Identität entscheiden zu lassen.