Das Childhood-Haus nimmt die Idee des skandinavischen „Barnahus“ - wörtlich übersetzt: „Kinderhaus“ - auf und setzt es modifiziert um. Das wesentliche Ziel besteht darin, mit dem Childhood-Haus eine gut strukturierte und koordinierende ambulante Anlaufstelle zu etablieren, die alle notwendigen interdisziplinären Professionen vereint. Das betroffene Kind steht im Fokus der Überlegungen und Maßnahmen. Seine Belastung soll weitestgehend verringert werden.

Das Childhood-Haus bietet Kindern und Jugendlichen, die Betroffene von körperlicher und sexualisierter Gewalt geworden sind, eine kinderfreundliche, sichere Umgebung und vereinigt alle wichtigen Leistungen im Rahmen eines Verfahrens unter einem Dach. Zu den mitwirkenden Professionen gehören Justiz, Polizei, Medizin, psychosoziale und sozialpädagogische Beratung, Jugendamt und Psychosoziale Prozessbegleitung. Das Ziel ist es, eine Retraumatisierung des Kindes zu verhindern und seine Bewältigungskompetenzen zu stärken. Es geht damit im Ermittlungsverfahren nicht mehr vorrangig um die Wahrheitsfindung, sondern auch um das Wohlbefinden des betroffenen Kindes.

Der Flensburger Standort für das erste Childhood Haus in Schleswig-Holstein wurde gewählt, weil hier bereits eine jahrzehntelange gute Zusammenarbeit der beteiligten Professionen besteht. Die richterliche Videovernehmung hat sich dort sehr gut etabliert und bildet einen wichtigen Baustein bei der kindgerechten Umsetzung von Verfahren. Neu ist, dass mit pro familia Schleswig-Holstein erstmalig ein freier Träger verantwortlich ist.

pro familia ist anerkannter Jugendhilfeträger, Fachverband für Beratung und in Flensburg seit 30 Jahren für Wagemut, die Psychosoziale Prozessbegleitung und Löwenherz verantwortlich. In allen Angeboten steht das Wohl des betroffenen Kindes im Mittelpunkt. Die Zusammenarbeit mit anderen Professionen ist maßgeblich für eine gute Unterstützung der betroffenen Kinder und Jugendlichen und wird kontinuierlich gepflegt und weiterentwickelt. pro familia sieht sich dabei v.a. in der Rolle der Interessensvertretung des Kindes.

Die Beratung und Begleitung von Bezugspersonen und Fachkräften bilden eine wesentliche Grundlage für eine umfassende Unterstützung betroffener Kinder und Jugendlicher bei der Bewältigung von Übergriffen und Gewalterfahrungen. Um Ängste und Vorbehalte gegen ein Strafverfahren zu verringern und den grundlegenden Gedanken des Childhood-Hauses bekannt zu machen, sind Vernetzung und kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit entscheidend. Dabei ist die Ansprache von Erwachsenen wie Erzieher*innen, Lehrkräften, den insoweit erfahrenen Fachkräften oder weiteren Bezugspersonen von großer Bedeutung. Oft sind es Fachkräfte aus dem pädagogischen und sozialen Bereich, denen sich betroffene Kinder anvertrauen. Wenn diese Zielgruppe über das Childhood-Haus gut informiert ist, wird dies zu einer stärkeren Inanspruchnahme und dadurch kindgerechteren Unterstützung beitragen. Ziel ist, weiterhin auf die Thematik „sexuelle, körperliche und häusliche Gewalt“ aufmerksam zu machen und den kindgerechten Ansatz bei der Strafverfolgung darzustellen. 

Dr. Astrid Helling-Bakki, Geschäftsführerin der Childhood Foundation Deutschland: “Wir versprechen uns viel vom Standort Flensburg. Hier besteht schon seit langem eine sehr gute Zusammenarbeit der Professionen. Auch die Trägerschaft eines freien Trägers der Jugendhilfe bildet ein Novum für das Konzept der Childhood-Häuser in Deutschland, die bislang v.a. bei Kliniken angebunden wurden. Wir sehen durch die Entwicklungen in Flensburg bereits jetzt wertvolle Impulse für die Weiterentwicklung der Childhood-Häuser in Deutschland.“