Vorgeburtliche Untersuchungen

Pränatale Diagnostik (PND)

Schwanger sein, Eltern werden..., das ist für viele Menschen der Beginn einer ganz neuen Lebensphase. Alles ist neu, unbekannt und spannend. Gefühle von Glück und Hoffnung können sich abwechseln mit Zweifeln und Ängsten. Vielen Frauen und Paare stellt sich in dieser Situation auch die Frage,  ob das Kind gesund sein wird.

Vorgeburtliche Untersuchungen – auch pränatale Diagnostik genannt - werden dabei oft als Möglichkeit empfunden, alles Erdenkliche für die Gesundheit des Kindes zu tun. Dabei wird oft vergessen, dass es das Ziel der pränatalen Diagnostik ist, nach Abweichungen und Krankheiten zu suchen. 

Vorgeburtliche Untersuchungen können Erkrankungen feststellen, die unmittelbar nach der Geburt kinderärztlich oder kinderchirurgisch behandelbar sind (z. B. Zwerchfelldefekt oder Herzfehler). Weiterhin kann eine Erkrankung des Ungeborenen einen Einfluss darauf haben, ob ein Kind geplant per Kaiserschnitt entbunden wird, da dies für das Kind schonender ist.

Bei vorgeburtlichen Untersuchungen können aber auch Erkrankungen gefunden werden, die nicht behandelbar sind. Dann ist gegebenenfalls eine Einschätzung möglich, welche Art der Beeinträchtigung zu erwarten ist. Jedoch kann niemand mit Sicherheit, wie sich das Kind entwickeln wird und wie stark es betroffen sein wird, denn der Ausprägungsgrad ist von Kind zu Kind unterschiedlich.

Übrigens: 95-97% aller Kinder kommen gesund zur Welt.

In Deutschland werden viele Schwangerschaften als sogenannte Risikoschwangerschaft eingestuft. Das bedeutet nicht, dass automatisch in der Schwangerschaft oder bei der Geburt Komplikationen auftreten müssen. Es heißt nur, dass die medizinische Betreuung besonders sorgfältig ist. Die schwangere Person kann dann mehr Untersuchungen bekommen, die die Krankenkasse bezahlt.

Ob eine Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft gilt, hängt von verschiedenen gesundheitlichen und persönlichen Faktoren ab. Gynäkolog*innen benutzen dafür eine Liste mit über 50 Punkten. Die Eintragung passiert im Mutterpass.

Zu den Gründen zählen zum Beispiel: Diabetes, bestimmte Allergien, hoher Blutdruck, starkes Übergewicht, frühere Operationen wie ein Kaiserschnitt oder bestimmte Behandlungen wie eine Strahlentherapie. Auch das Alter spielt eine Rolle: Wenn eine Person zum ersten Mal schwanger ist und unter 18 oder über 35 Jahre alt ist, wird die Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft.

Bei älteren Schwangeren ist die Wahrscheinlichkeit für Chromosomenabweichungen höher als bei jüngeren. Chromosomenabweichungen können bei der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle zufällig passieren. Dann sind einzelne Chromosomen oder Chromosomenteile zu oft da oder fehlen. Bei der Trisomie 21 („Down-Syndrom“) ist zum Beispiel das Chromosom 21 dreimal statt zweimal vorhanden. Chromosomenabweichungen können verschiedene Entwicklungsstörungen zur Folge haben.
 

Viele Menschen schätzen jedoch die prinzipielle Wahrscheinlichkeit für Chromosomenabweichungen deutlich höher ein als sie wirklich ist. Insgesamt haben Chromosomenabweichungen nur einen kleinen Anteil an der Gesamtzahl aller gesundheitlichen Störungen und Besonderheiten beim Fötus: Er liegt bei circa 9 Prozent. 
 

Bei Trisomie 21, was die am häufigsten vorkommende Chromosomenabweichung ist, liegt der Anteil bei Schwangeren im Alter von 20 Jahren bei 0,08 Prozent. Anders ausgedrückt: Bei einer von 1.250 Schwangerschaften tritt Trisomie 21 beim Fötus auf. Im Alter von 40 Jahren liegt der Anteil bei 1,16 Prozent. Das wiederum entspricht einer von 86 Schwangerschaften.
Umgekehrt betrachtet heißt das aber auch, dass bei 40-Jährigen in fast 99 von 100 Schwangerschaften keine Trisomie 21 beim Fötus vorliegt.

Wenn Sie vor der Geburt besondere Untersuchungen machen lassen möchten (zum Beispiel Tests auf genetische Besonderheiten), muss das medizinische Fachpersonal Sie vorher genau informieren und beraten. Das ist im Gendiagnostikgesetz so festgelegt.

Ausgenommen sind die drei normalen Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft, der erweiterte Ultraschall und andere Untersuchungen, die zur allgemeinen Schwangerschaftsvorsorge gehören.

Bei den anderen vorgeburtlichen Tests muss die Ärztin oder der Arzt erklären:

  • Wie die Untersuchung abläuft
  • Was der Test erkennen kann – und was nicht
  • Wie zuverlässig das Ergebnis ist
  • Welche Krankheiten festgestellt werden können und ob sie behandelbar sind
  • Welche Risiken die Untersuchung haben kann
  • Was es bedeutet, wenn Sie sich gegen den Test entscheiden

Außerdem müssen Sie darüber informiert werden, dass Sie:

  • eine kostenlose Beratung bei einer Schwangerschaftsberatungsstelle bekommen können (psychosoziale Beratung)
  • sich bei Fragen zur Genetik auch an eine spezielle genetische Beratungsstelle wenden können

Solche Untersuchungen dürfen nur gemacht werden, wenn Sie gut informiert wurden und schriftlich zugestimmt haben. Diese Zustimmung können Sie jederzeit zurücknehmen. Sie dürfen auch sagen, dass Sie bestimmte Informationen nicht wissen möchten. Dann wird das medizinische Personal das respektieren. Wenn Sie auf die Aufklärung verzichten, muss das schriftlich festgehalten werden.

Das Gendiagnostikgesetz sagt außerdem:

  • Genetische Tests dürfen nur gemacht werden, wenn es um die Gesundheit des Kindes geht.
  • Es dürfen keine Krankheiten gesucht werden, die erst im Erwachsenenalter auftreten.
  • Das Geschlecht des Kindes darf erst nach der 14. Schwangerschaftswoche mitgeteilt werden.

Egal, ob Sie Ihr Kind alleine, mit einem Partner, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft oder in einer anderen Familienkonstellation großziehen werden – Gespräche und Beratung können Ihnen helfen, eine eigene Haltung zur vorgeburtlichen Diagnostik zu entwickeln. Staatlich anerkannte Schwangerschaftsberatungsstellen, wie die von pro familia und anderen Trägern, bieten kostenfreie Beratung zu vorgeburtlichen Untersuchungen an. Diese Unterstützung können Sie zu jedem Zeitpunkt der Schwangerschaft in Anspruch nehmen.

Der Fachbegriff hierfür ist “psychosoziale Beratung”. Von dem Begriff sollte man sich nicht verwirren lassen. Dies Beratung hat nichts mit Psychotherapie oder Ähnlichem zu tun. Psychosoziale Beratung ist eine Beratung, in der es neben fachlichen Informationen auch darum geht, Raum für die eigenen Gefühle zu finden. 

Eine Beratung bietet Ihnen einen geschützten, vertraulichen und wertfreien Rahmen, um Ihre persönliche Situation zu besprechen. Sie können sich gleich zu Beginn der Schwangerschaft oder auch später Unterstützung holen, beispielsweise wenn Sie auf das Ergebnis einer Untersuchung warten oder eine Erkrankung beim Ungeborenen festgestellt wurde. Sie benötigen dafür keine Überweisung oder ärztliche Empfehlung. Die Beratung steht Ihnen unabhängig von Ihrer Situation offen.

Die psychosoziale Beratung ersetzt nicht die gesetzlich vorgeschriebene genetische Beratung durch die Ärztin oder den Arzt.

Eine Übersicht über alle anerkannten Schwangerschaftsberatungstellen finden sie auf der Seite www.familienplanung.de des BIöG.

Eine humangenetische Beratung kann bei ganz besonderen Fragestellungen sinnvoll sein. Ein Paar kann sich bereits vor einer Schwangerschaft humangenetisch beraten lassen, wenn zum Beispiel mehrere Schwangerschaften zuvor in Fehlgeburten geendet sind oder in den Familien schon ein Kind mit einer Beeinträchtigung geboren wurde.

Hier kann geklärt werden, ob sich die Erkrankung vorgeburtlich feststellen lässt und wie groß das Wiederholungsrisiko bei einer weiteren Schwangerschaft ist. Auch wenn Sie nicht genau wissen, ob eine Erkrankung in der Familie erblich bedingt ist, können Sie dies in einer humangenetischen Beratung klären. Auch bei Chemotherapie und hoher Strahlen- oder Schadstoffbelastung in der Schwangerschaft können Sie sich beraten lassen.

Hilfreiche Links

Deutsche Gesellschaft für Humangenetik, www.gfhev.de  (Adressen von humangenetischen Beratungsstellen und fachärztlichen Praxen für Humangenetik) 

Berufsverband Deutscher Humangenetiker e.V., www.bvdh.de (mit Liste genetischer Beratungseinrichtungen)

Verein Psychosoziale Aspekte der Humangenetik e.V., www.vpah.de

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen "nicht-invasiven" vorgeburtlichen Untersuchungen und "invasiven" Untersuchungen.

"Invasiv" heisst "in den Körper eindringen".

Nicht-invasive Untersuchungen haben kein gesundheitliches Risiko, invasive Untersuchungen sind dagegen mit dem Risiko für eine Fehlgeburt verbunden. Es wird je nach Art der Diagnostik mit 0,5-1.5 Prozent angegeben und ist immer auch abhängig von der Erfahrung des behandelnden Arztes bzw. der behandelnden Ärztin.

Wir haben hier eine Übersicht über alle Untersuchungsmethoden für Sie zusammengestellt.

Rechtzeitig beraten lassen

Um einschätzen zu können, welche Untersuchungsmethode für Sie sinnvoll und wichtig sein können und welche Sie eher verunsichert, lohnt es sich,  frühzeitig über bestimmte Fragen nach zu denken.

Was möchte ich wissen? Welche Untersuchung bringt mir wichtige Informationen, welche verunsichert mich nur? Welches Risiko möchte ich eingehen?

Antworten auf diese Fragen sind abhängig von Ihrer Einstellung, Ihren Werten und Ihrer Lebenssituation.

Sie können sich zu jedem Zeitpunkt Ihrer Schwangerschaft, aber auch bereits vor einer Schwangerschaft dazu beraten lassen. Dieses Beratungsangebot erhalten Sie beispielsweise in den pro familia-Beratungsstellen und anderen Schwangerenberatungsstellen.Es besteht kein Zwang, irgendeine der angebotenen Untersuchungen durchführen zu lassen. Ob und welche Untersuchungen für Sie in Frage kommen, entscheiden Sie selbst.

Persönliche Beratung

Wenn Sie mehr wissen wollen oder Fragen haben, wenden Sie sich an eine Ärztin, einen Arzt oder eine pro familia-Beratungsstelle.

Hier stehen Ihnen ÄrztInnen, SozialarbeiterInnen, PsychologInnen und PädagogInnen als AnsprechpartnerInnen zur Verfügung.